Recht

Der juristische Rahmen für die digitale Veröffentlichung im Open Access sowie die Nutzung von Open-Access-Publikationen ist größtenteils von der nationalen Rechtsprechung abhängig. Die folgende orientierende Darstellung bezieht sich daher auf die aktuelle Situation in Deutschland. Bitte beachten Sie, dass es sich um keine juristisch verbindlichen Auskünfte handelt.

1. Gold, Grün, Bronze: Wege der OA-Veröffentlichung
2. Verbreitungs- und Nutzungsbedingungen (Lizenzen)
a) goldener Weg
b) grüner Weg
3. Recht auf Zweitveröffentlichung

Quelle: Johannes Plenio auf Pixabay
1. Gold, Grün, Bronze: Wege der OA-Veröffentlichung

Hinsichtlich der Verbreitungs- und Nutzungsrechte von wissenschaftlichen Publikationen im Open Access ist vor allem die gängige Unterscheidung zwischen dem sogenannten goldenen, grünen und bronzenen Status relevant. Unter goldenen OA-Veröffentlichungen werden diejenigen Werke verstanden, die originär zur kostenlosen Verbreitung und (Nach-)Nutzung bereitgestellt werden. Es handelt sich um Erstveröffentlichungen mit klar gekennzeichneten freien Lizenzen (s. u.). Grüne OA-Publikationen sind im Unterschied dazu Werke, die meist erst im Nachhinein von Zugangs- und Nutzungseinschränkungen befreit wurden. Das heißt andersherum formuliert: Sie wurden in der Regel zuvor andernorts in Closed-Access-Versionen veröffentlicht. Grüne OA-Publikationen sind Zweit-, oder bestenfalls Parallelveröffentlichungen, die üblicherweise über fachspezifische- bzw. institutionelle Repositorien wie MACAU realisiert werden. Diese Praxis ist auch unter dem Begriff Selbstarchivierung (Self-Archiving) bekannt. Als bronzen werden schließlich die Publikationen bezeichnet, die zwar frei zugänglich (lesbar und eventuell downloadbar) sind – z. B. über die Website eines Verlags – , deren Nutzungsrechte aber weiter vorbehalten bzw. nicht klar kommuniziert sind. Streng genommen handelt es sich hierbei nicht um Open-Access-Veröffentlichungen. Denn die möglichst uneingeschränkte Verbreitung und Weiterverwendung wissenschaftlicher Informationen ist der Kern der Open-Access-Idee.

2. Verbreitungs- und Nutzungsbedingungen (Lizenzen)

Für alle Veröffentlichungsprozesse, egal ob Closed oder Open Access, gilt gemeinhin gleichermaßen, dass die Autorinnen und Autoren im Vorfeld eine Vereinbarung über die Verbreitungs- und Nutzungsbedingungen ihrer Werke mit den publizierenden Verlagen oder den Betreiberinnen/ Betreibern von Online-Veröffentlichungsplattformen (Repositorien o. ä.) treffen. Im Idealfall werden die Modalitäten menschen- und maschinenlesbar sowohl in den betreffenden Werken selbst (z. B. im Impressum) als auch in den Beschreibungen (Metadaten) deutlich ausgewiesen.

Bei Erstveröffentlichungen liegt die Entscheidung über die Veröffentlichungsform, die Verbreitung und Nutzung des betreffenden Werks noch gänzlich bei den Urheberinnen und Urhebern. Im Falle von Zweitveröffentlichungen sind dagegen immer auch die vorangegangenen vertraglichen Absprachen mit zu beachten, wenn neuerliche Publikationsvereinbarungen getroffen werden. Für die Veröffentlichungsprozesse im Open Access ergeben sich daraus und vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Veröffentlichungswege zwei Hauptszenarien:

a) goldener Weg

Für die eigenverantwortliche Festlegung, wie weitreichend die Freigabe zum Teilen und (Nach-)Nutzen wissenschaftlicher Werke oder einzelner Werkteile sein soll, wurden von der Open-Access-Community internationale Standardverträge als vergleichsweise leicht handhabbares Instrumentarium entwickelt. Die bekanntesten und im Open-Access-Publikationswesen verbreitetsten sind die sogenannten Lizenzen der gemeinnützigen Organisation Creative Commons. In der aktuellen Fassung gibt es sechs verschiedene Varianten der sogenannten CC-Lizenzen. Allen gemein ist, dass sie unter Beibehaltung des Rechts der Autorinnen und Autoren auf angemessene Anerkennung und Zitation den Spielraum der Verbreitung und Verwendung ihrer Werke über die vom Urheberrechtsgesetz (UrhG) begrenzten Freiheiten hinaus erweitern. Allerdings geschieht dies in unterschiedlichem Maße. Es empfiehlt sich daher, die Details der Lizenzen hinsichtlich ihre Reichweite und Konsequenzen genau prüfen – nicht zuletzt, um unnötige Beschränkungen zulasten der Open-Access-Idee zu vermeiden. So gelten die Varianten CC-BY (Namensnennung) und CC-BY-SA (Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen) als ‚reinste‘ Open-Access-Lizenzen. Außerdem ist bei der Vergabe der CC-Lizenzen darauf zu achten, dass die nicht lizenzierbaren Teile eines Werks – also diejenigen, die Urheberrechte Dritter berühren – möglichst explizit ausgenommen werden. Das kann z. B. bei verwendeten Bildern der Fall sein. Für die Nutzerinnen und Nutzer wiederum kann es bei Fragen zum Umfang einer konkreten Lizenz wichtig sein, auf die jeweils vorliegende Version oder Fassung zu achten, da es immer wieder Anpassungen und Aktualisierungen kommt.

Nähere Informationen zur Lizenzpraxis können Sie dem Leitfaden von Till Kreutzer entnehmen (Stand: 2016). Überprüfen Sie zudem im Vorfeld der Open-Access-Publikation, welche Vorgaben eventuelle Mittelgeber dazu machen. Allgemeine Informationen dazu enthält die Datenbank SHERPA/JULIET.
b) grüner Weg

Die Verwendung von CC-Lizenzen (s. o.) ist auch bei Zweit- oder Parallelveröffentlichungen im Open Access sinnvoll. Jedoch können die Möglichkeiten der freien Verbreitung und Nutzbarmachung hier vom erwähnten Erstveröffentlichungsvertrag eingeschränkt sein. Vor einer grünen Open-Access-Publikation sind daher unbedingt die rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären. Über die Plattform der Initiative How can I Share it? der International Association of Scientific, Technical and Medical Publishers (STM) können sich Autorinnen und Autoren der zugehörigen Fachorgane per Suche über den Digital Object Identifier (DOI) über die Möglichkeiten zum Teilen von wissenschaftlichen Artikeln in disziplinspezifischen und institutionellen Repositorien sowie in Scholarly collaboration networks (SCN) wie Academia oder ResearchGate informieren. Eine Orientierung über die gängigen Verlagspolitiken zum Thema Zweitveröffentlichung/Self-Archiving kann überdies die Datenbank SHERPA/RoMEO liefern. Immer mehr Verlage weisen diese mittlerweile auch mehr oder minder transparent auf ihren Websites aus. Echte Sicherheit gibt letztlich aber nur der Blick in den konkreten Veröffentlichungsvertrag bzw. eine Verlagsanfrage. Dieser Schritt kann sich lohnen. Denn abseits aller (politischen) Bemühungen der vergangenen Jahre, die Rechte der Urheber*innen zur OA-Zweitveröffentlichung zu stärken (s. u.), wird die Selbstarchivierung von vielen Verlagen mittlerweile als gängige Wissenschaftspraxis akzeptiert. Das heißt: Zumindest nach Einhaltung einer Sperrfrist ist eine Zustimmung selbst bei fehlender vertraglicher Regelung möglich.

Achtung: Unbedingt mit den Verlagen zu klären ist, ob das Werk in der Verlagsversion (im Verlagslayout) erscheinen darf. Ist dies nicht der Fall, ist auf die Manuskriptversionen (Preprint bzw. Postprint) zurückzugreifen. Ferner ist im Vorfeld einer Online-Zweitveröffentlichung die Zustimmung aller Autorinnen und Autoren einzuholen, wenn sie eine entsprechende Vollmacht nicht an einen Corresponding Author übertragen oder die Verwertungsrechte an eine Institution abgetreten haben. Ohne triftigen Grund darf die Zustimmung jedoch nicht verweigert werden.
3. Recht auf Zweitveröffentlichung
Quelle: Werner Moser auf Pixabay

Haben Sie als Autorin oder Autor in einem Verlag das ausschließliche Nutzungsrecht an Ihrer Publikation eingeräumt bekommen, umfasst dies auch die digitale Online-Veröffentlichung. Dies gilt, wenn keine andere Vereinbarung getroffen oder bis Ende 2008 Einspruch eingelegt wurde, selbst für Werke, die vor der Etablierung des Internets (vor 1995) erschienen. Bei nach 1995 in periodischen und nicht-periodischen Sammlungen (Zeitschriften, Tagungsbände, Festschriften etc.) veröffentlichten Beiträgen hat der Gesetzgeber indes eine Befristungsklausel zur Ausschließlichkeit des Nutzungsrechtes festgeschrieben (§ 38 Abs. 1 u. 2 UrhG):

Wenn vertraglich nicht anders geregelt, können Autorinnen und Autoren von Beiträgen in periodischen Sammelschriften nach Ablauf eines Jahres anderweitig einfache Nutzungsrechte an ihrem Werk einräumen. Eine digitale Veröffentlichung in einer institutionellen Publikationsplattform wie MACAU wäre somit möglich.

Im Falle von Veröffentlichungen aus nicht-periodischen Sammlungen gilt dies genauso, zusätzlich vorausgesetzt allerdings, es wurde kein Honorar für die Erstveröffentlichung gezahlt. Wie oben bereits empfohlen, sollte man sich aber auch hier nicht scheuen, das Gespräch mit dem für die Erstpublikation zuständigen Verlag zu suchen. Die Chancen auf eine Zustimmung zur digitalen Zweitveröffentlichung sind gegeben – wenn auch nicht unbedingt im Verlagsdesign.

Für bestimmte wissenschaftliche Zeitschriftenbeiträge gilt überdies seit 2014 ein unabdingbares Zweitveröffentlichungsrecht (§ 38 Abs. 4 UrhG). Auf dieses können sich die Urheberinnen und Urheber unabhängig jeglicher Vertragsvereinbarungen berufen, falls folgende Punkte erfüllt sind:

  • der Artikel erschien am oder nach dem 1.1.2014 und seine Veröffentlichung ist mehr als 12 Monate her (Embargo)
  • der Beitrag wurde in einer Zeitschrift publiziert, die mindestens zweimal jährlich erschien/erscheint
  • der Beitrag basiert auf Forschungstätigkeiten, die mindestens zur Hälfte aus öffentlichen Mitteln gefördert wurden

Es handelt sich bei dieser ergänzenden Regelung fraglos um eine Stärkung der Rechte der Autorinnen und Autoren gegenüber den Verlagen. In der praktischen Wirkung bleibt sie gleichwohl beschränkt, weil

  1. nur die nicht-kommerzielle elektronische Verfügbarmachung in einem Repositorium erlaubt wird,
  2. noch unklar ist, ob von dem Recht auch gegenüber Verlagen, die ihren Sitz nicht in Deutschland haben, Gebrauch gemacht werden kann,
  3. Monographien, Sammelbandbeiträge o. ä. davon unberührt bleiben,
  4. nur öffentliche Drittmittelprojekte oder Arbeiten an außeruniversitären Forschungsinstituten als öffentliche Förderungen aufgefasst werden,
  5. die betreffenden wissenschaftlichen Beiträge ohne weitere Absprache nur in der akzeptierten Manuskriptversion (und unter Angabe der Quelle der Ersterscheinung!) zweitveröffentlicht werden dürfen.
Eine aktuelle kritische Bilanz des Zweitveröffentlichungsrecht lesen Sie hier. Genauere Informationen zur Rechtslage der Zweitveröffentlichung für Wissenschaftler*innen samt umfassender Handlungsempfehlungen liefert die Broschüre von Matthias Spielkamp (Stand: 2015).